06.02.2022

Sexszenen in Büchern

Ein No-Go oder etwas für völlig Normales?

 

Grundsätzlich habe ich nichts dagegen, solange es nicht total unrealistisch geschrieben ist und gerade für junge Leser*innen ein falsches Bild signalisiert.


Für mich persönlich muss es aber stimmen, zum Setting passen und vor allem für den Plot relevant sein. Ich mag es nicht, wenn sie einfach >da< sind, ohne jeglichen Bezug und Bewandtnis und im Grunde nur Platzhalter sind. Da kann die Szene noch so gut sein.


Ich selbst bin ein Fan von Abblenden – schließlich ist weniger, manchmal mehr.


So hatte ich es beispielsweise in SOMMERNACHTSTRAUM gehändelt, als Nick und Jessica ihr Erstes Mal hatten.

Textauszug Sommernachtstraum

Ich begreife nur sehr langsam, was gerade passiert. Stolpernd erklimmen wir die Treppe, den Flur entlang bis zu einer Tür. Dabei lasse ich ihre Hand nicht los, auch dann nicht, als wir längst in ihrem Zimmer angekommen sind.

    Ich streiche über ihr Haar und verwebe meine Fingerspitzen darin. Sie erwidert meinen Kuss so heftig, dass es wehtut. Mein Herz pocht wild, fordert nach mehr. Es macht mich wahnsinnig.

   In diesem Moment vergesse ich und nehme gleichzeitig alles wahr – ihre Zärtlichkeit, den Druck ihrer Lippen, ihren lieblichen Geruch. Es fühlt sich richtig an, als wäre sie ein Teil von mir, den ich selbst nicht einmal kannte.

   Ich spüre das vertraute Verlangen, ihr noch näher zu sein, denn die kleinste Distanz ist für mich unerträglich. Über die Jahre ist unsere harmlose Freundschaft zu Fürsorge bis hin zu echter Zuneigung herangewachsen. Die unscheinbare Linie, die uns voneinander trennte, verschwand immer mehr. Ersetzt durch ein leidenschaftliches Begehren. Es verweilte zwischen uns. In jeder Tanzübung, auf dem gemeinsamen Nachhauseweg, in den späten Abendgesprächen.

   Das Bedürfnis, sie zu greifen und an mich zu halten, umschlingt mich wie ein Lauffeuer. Diese Linie, die wir so verbissen umeinander gezogen haben, verwischt, verbrannt durch die feurige Lust in meinem Körper.

   Unsere Blicke verhaken sich ineinander, halten sich fest. Ihr Mund ist leicht geöffnet, die engelsgleichen Locken sind zerzaust, das zarte Gesicht ist gerötet. Ihre Augen glänzen vor Lust. Mein Herz springt vor Freude und gleichzeitig zerreißt es fast vor Angst. Angst, zu weit zu gehen … Angst, einen Fehler zu machen … Angst vor später.

   Mehr, denke ich betäubt. Ich will mehr von ihr.

Zwischen meinen Beinen pocht es. Ein Kribbeln, stärker als jemals zuvor. Ich lege meine Angst ab und folge meinem Herzen.

   Forsch ziehe ich sie mit mir herunter, küsse jeden Winkel ihrer Haut, während mein Daumen unter den Bund ihrer Jeans verschwindet.

    »Wunderschön.«

Ich lausche ihrem Herzschlag, spüre ihr Seufzen durch meine Glieder vibrieren.

    »Ich liebe dich«, sagt sie.

    »Ich liebe dich auch.«

Ich lache auf. Aus Glück. Vor Nervosität. Ihre Fingerspitzen fahren über meine Haut. Sie zupfen und zerren, erkunden und umklammern.

    Ich küsse sie.

    Sehr lange. Ewig und noch ein bisschen mehr.

    Die heutige Nacht gehört uns.

    Und nur uns allein.

    Ich presse meine Lippen auf ihre.

Gefällt euch die Szene? Lasst es mich gern auf Instagram wissen 🥰

Trotzdem finde ich, es völlig in Ordnung diese Szene auszuschreiben. Es ist ein Thema, welches uns alle irgendwann berührt – egal in welcher Form.


Vielleicht kann man so auch die Angst nehmen oder das Gefühl ebnen, dass man nicht unbedingt mit sechszehn DEN Partner fürs Leben gefunden haben muss und vor allem, dass das Erste Mal gleich unzählige Schmetterlinge in einen auslöst.


Ich spreche jetzt allein aus meiner Erfahrung.


Bei mir war das Thema >Sex< schon mit vierzehn vorhanden, als plötzlich alle in der Schule anfingen zu erzählen, wie toll es ist.


Mädchen schwärmten und Jungs brüsteten sich, mit wie vielen sie schon geschlafen haben. Für sie glich es sogar als eine Form von Medaille, wenn sie jemanden entjungfert haben. Teilweise habe ich das Gefühl, dass es heutzutage schlimmer geworden ist. Diejenigen, die warten, werden skeptisch angesehen und schämen sich, trauen sich kaum den Mund zu öffnen und fühlen sich in eine Art Ecke getrieben. Wie ausgeschlossen. Als müssen sie sich für ihre Entscheidung rechtfertigen.


So habe ich mich gefühlt.


Falsche Erwartungshaltung


Das alles erzeugt Druck und vor allem viel zu hohe Erwartungen. Auch in Filmen, Serien wird dieses Klischee bedient, erzählen vom perfektem Ersten Mal, dem perfektem Ersten Kuss, vom perfekten Partner. Es erzeugt eine Illusion im Kopf, denn genau das Gleiche will man auch erleben und das am besten so schnell wie möglich.


Dabei sollte jeder Mensch selbst über das Tempo bestimmen und was er möchte, ohne sich in irgendeiner Form gedrängt zu fühlen.


Und genau hier können Bücher helfen – Romanfiguren, die authentisch genau das durchmachen: Was ist meine Sexualität? Mag ich Jungs, Mädchen, oder beides? Wer lernt schon in der Schule, dass es Menschen gibt, die überhaupt keine Lust auf Sex haben? Welche Möglichkeiten gibt es überhaupt?


Deswegen finde ich persönlich Sexszenen in Büchern per se nicht schlecht. Natürlich kann kein Buch alles abdecken, aber wir können diese Themen am Rande zumindest ansprechen. Eben divers schreiben und auch diesen Figuren einen Raum schaffen.


In Band 4 meiner JAHRESZEITENREIHE wird es Sexszenen geben. Wirklich Angst hatte ich nicht, diese zu schreiben. Aber Respekt – gerade da mir selbst die Erfahrung fehlt.

Am Anfang spürte ich sogar Druck, da ich DIE perfekte Szene schreiben wollte.

Im Nachhinein totaler Unsinn, aber irgendwie saß da diese schwere auf meiner Brust und verleitete mich dazu, besagte Szene mehrmals neu zu schreiben. Bis ich wirklich in mich gegangen bin und mich fragte, woher dieser Druck überhaupt kommt.


Ich erinnerte mich an meine früheren Beziehungen und wie ich selbst zu dem Thema stehe. Sex ist nicht alles und gewiss nicht perfekt.


Warum also der Druck genau das zu schreiben? Der Illusion zu folgen, die mich innerlich in eine Zwangsjacke steckt?


Was ich sagen will: Kein Buch ist perfekt.

Genauso ist es mit Sexszenen. Und das ist völlig okay. Ich will nicht nach DER Norm schreiben, sondern eher neue Perspektiven eröffnen und meinen Leser*innen ermutigen, ihre Gefühle und Wünsche zu erforschen.


Keine Ahnung, ob mir das am Ende gelingt, aber in meinem Herzen fühlt es sich gut an und solange ich dieses Gefühl habe, solange werde ich diesen Weg folgen. 🤗

Habt ihr Lust auf einen Textauszug aus Wintersternenhimmel mit besagter Szene?

⚠ ACHTUNG: ist noch nicht in der finalen Fassung ⚠

   »Ich will dich.«

   »Was?«, frage ich erstickt, unsicher, ob ich ihre Worte richtig verstanden habe.

   »Ich will dich«, haucht sie zwischen zwei Küssen. »Ich brauche dich. Jetzt.«

Und ich gehorche willig. Ich spüre, dass ich gerade an einem sehr gefährlichen Abgrund stehe, noch habe ich die Chance umzukehren und mich von ihr loszureißen, aber ein Blick auf ihre weichen, rotfarbene Lippen genügt, um sämtliche Zweifel zu begraben.

   Mit einer fiebrigen Bewegung fege ich den Tisch leer und platziere Lisa darauf. Ihre Beine spreizen sich einladend, sodass ich mich zwischen sie dränge und unsere Lippen aufeinanderpresse. Es ist glühend heiß, und ich bin betrunken von ihrer Nähe. Ich brenne, knistere in meterhohen Flammen. Es ist besser, als ich es erwartet habe: süß und tief.

   Mir gelingt es, ihre Jacke zu öffnen und ihr diese von den Schultern zu ziehen, ehe Lisa kurz zurückweicht und sich den Pullover über den Kopf zieht. Nur in Jeans und schwarzen BH sitzt sie vor mir. Ich glaube, ich sterbe.

   Im schwachen Mondschein sieht sie aus wie eine Göttin. Schlank, dichte Wimpern, ihr langes feuriges Haar scheint in dem Licht zu schimmern.

   Ich schaue hoch und begegne ihren brennenden Blick – ich gebe mich der Vorstellung hin, als sähe sie mich an, als gäbe es nur mich in ihrer Welt.

   Sanft fahre ich mit dem Daumen über ihre Wange und Lippen. »Du bist wunderschön.«

   »Sagst du das zu allen, die du ins Bett kriegen willst?«, frage sie tonlos.

   »Warum? Gefällt dir die Vorstellung nicht?« Ich beuge mich zu ihrem Hals und küsse den kleinen Leberfleck auf ihrem Schlüsselbein.

    »Mit wie vielen Frauen warst du aus?«, bringt sie mühsam hervor.

   »Eine Handvoll.« Meine Lippen berühren die empfindliche Haut hinter ihrem Ohr. Lisa zieht scharf die Luft ein, erschaudert unter meinen Berührungen.

   »Macht dich das wütend?«, frage ich neckend und kann den amüsierten Ton nicht zurückhalten. »Bist du deswegen eifersüchtig?«

   Lisa bewegt sich ruckartig, legt beide Hände an meine Wangen, zwingt mich, sie anzusehen. Ihre Augen funkeln, als sie mit messerscharfer Stimme sagt: »Ja, du Arsch, bild‘ dir darauf bloß nichts ein!«

   Dann küsst sie mich. Hart und fordernd. Es ist elektrisierend. Ganz leise, irgendwo in meinem Hinterkopf meldet sich mein Verstand, sofort aufzuhören und sie von mir zu stoßen, aber mein Kopf hat eine andere Vorstellung. Vielleicht liegt es an der Wirkung der Droge oder der Tatsache, dass ich schon so lange allein bin, doch alles, was ich mit ihr gerade erlebe, ist tausendfach besser, als in meinen Erinnerungen. Ich lasse mich treiben, erdrücke meine Angst vor Ablehnung und Einsamkeit und stoppe die atemlose Unruhe, die meine Gedanken befällt.

    Jetzt gibt es nur sie.

Sie und ich und unsere Körper, die wie zwei Magnetstücke aneinanderkleben und sich synchron vor Verlangen bewegen. Meine Hand gleitet ihre Taille hinab, jeder Muskel spannt sich unter meinem Streicheln an, findet schließlich ihren Hosenbund, den Knopf, den Reißverschluss. Zärtlich küsse ich ihren Bauch entlang, dabei zuckt sie unkontrolliert dort, wo meine Lippen sie überraschen. Mit meiner Zunge umfahre ich ihren silbernen Piercingstab.

  Der Rahmen der Pinnwand schlägt gegen die Wand, als Lisa fluchend ihren Kopf zurückfallen lässt und dagegen stößt.

    Ich weiß, was sie will, was sie von mir braucht.

    Fuck, ich will es auch.

Doch der magische Moment wird von einem Surren unterbrochen und plötzlich bin ich hellwach. Meine Finger halten kurz vor dem Bund ihres Slips inne. Unsere Augen treffen sich – schockiert und vielleicht ein wenig genervt.

   »Moment«, sagt Lisa leise, und ich stöhne frustriert, trotzdem zieht sie sich zurück, um nach ihrem Handy zu greifen.

    Vollkommen reglos beobachte ich, wie sich ihre Stirn kräuselt. Ohne es auszusprechen, weiß ich bereits, wer am anderen Ende der Leitung ist. Lisa wartet ab, bis der Anrufer aufgibt.

    In ihren Augen steht die Verärgerung.

    »Willst du aufhören?«, frage ich.

    »Willst du?«

Darauf gibt es nur eine logische Antwort. Bislang habe ich es erfolgreich ausgeblendet, doch nun höre ich es: Der Wind trägt die grölenden Rufe der Gangmitglieder mit sich.

   »Sie werden uns suchen.«

   »Und?« Sie drückt mir einen Kuss auf den Mund. »Wann hat das uns jemals aufgehalten.«

   »Mike wird mich umbringen.«

   »Ein Grund mehr, uns zu beeilen«, sagt sie und legt ihr Handy beiseite.

   »Denkst du nicht –«

   »Gott, hör auf zu denken.«

Sie schiebt mich weg, umfasst meine Hüften und stößt mich gegen die Tischplatte, sodass sie auf mein Schoß sitzen kann. Ihre weichen Lippen ziehen mich in einen schwindelerregenden Kuss. Ohne Hindernis finden sich unsere Zungenspitzen, liebkosen und necken sich.

   Nur am Rande nehme ich eine Vibration wahr.

Ihr Handy leuchtet kurz auf. Eine Nachricht von Mike erscheint auf dem Display: Wo steckst du?

   Er liebt Lisa – wirklich, mehr als jeden anderen Menschen –, aber irgendwie regt es mich auf. Seine Sorge um sie. Gleichzeitig törnt es mich an. Die Macht, die ich über sie habe und er in diesem Moment nichts dagegen tun kann, wie ich sie küsse, drängend und gierig.

   Sie reibt sich in meinen Schoß, während ihre Lippen auf hungrige Wanderschaft gehen.

   Nur vage nehme ich wahr, wie erneut ein Handy klingelt. Es ist meins. Lisa fischt es aus meiner Jackentasche und legt es, ohne sich von mir zu trennen, neben ihres.

   »Ignorier es«, flüstert sie bestimmend und zieht mit ihrer Zunge eine Spur über mein Kinn, dann weiter hinab. Und fuck – ich zische erregt, als ihre Zähne die dünne Haut unterhalb meines linken Ohres liebkosen.

    »Wovon hast du in den letzten zwei Jahren geträumt?«

Ihre Fingerspitzen schicken einen elektrischen Stoß durch meinen Körper. Die Haut, die sie berührt, wird durch ihre Wärme genährt und ich merke, dass ich unter ihr schon fast hart bin.

    »Sags mir, Ryan.«

    »Von dir«, ergebe ich mich und versuche nicht länger, ihrem Sturm zu entkommen. Ich küsse sie, stürmisch und chaotisch und verliere mich unter dem Druck, dem Ziehen, dem Gleiten.

  Sämtliche störende Gedanken werden aus meinem Kopf gestrichen: kein Schuldempfinden für einen Rückfall, keine Angst vor Mike, keine Gefühlsregung an meine Freunde … dafür gibt es in diesem Moment keinen Platz. Einzig und allein diese Frau über mir zählt, die mir nicht nur körperlich, sondern auch emotional das Gefühl gibt, mit ihr verbunden zu sein.

    Kurz unterbreche ich den Kuss und lehne meine Stirn an ihre, versuche, meine Atmung zu regulieren. Lisa hingegen hat andere Pläne. Ihre Hand drückt nun kräftiger gegen meinen Schritt.

    Ich halte sie nicht auf.

Ich genieße es. Das langsame und beinahe unangenehme Brennen in meinem Unterleib. Den Drang, ihr noch näher sein zu müssen.

    Doch mein Wunsch wird von einem weiteren Klingeln unterbrochen. Ich neige den Kopf und sehe auf das leuchtende Display. Es zeigt mir vier Buchstaben und ein grinsendes Gesicht. Der Name trifft mich, hart und unausweichlich, eine unwillkommene Erkenntnis. Eine Erkenntnis, dass ich nur Geister einer Vergangenheit nachjage, die nicht länger existieren.

    »Warte«, sage ich und löse mich von ihr. Ich sehe sie an: ihre Haare sind völlig zerzaust, ihr Blick ist von Lust getränkt und die Ränder ihrer roten Lippen angeschwollen.

Ich könnte schreien. Alles in mir will sie. Es ist okay, es zu wollen, aber –

      Und scheiße, das ›Aber‹ hält mich zurück.

      Es ist okay, es zu wollen, aber es ist ebenso ein gewaltiger Fehler, eine furchtbare Idee.

     Das Display erlischt und mit ihm meine Selbstachtung. Ehe ich mich versehe, drücke ich Lisa von mir und stehe auf.

      »Was ist los?«, fragt sie verwirrt.

      »Ich kann das nicht.«

      »Bitte?«

      »Ich kann das nicht«, wiederhole ich. Dieses Mal lauter. »Es ist ein Fehler.«

Wie hat euch die Szene gefallen? 🤔